Der diesjährige Innovationspreis der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz geht an die Mauderli AG. Mit ihren vorgefertigten Bauelementen hat die Schacher Firma einen Weg gefunden, die Tunnel- und Strasseninfrastruktur langlebiger zu machen.
Miriam Abt 01.10.2024, 05.00 Uhr
Auf Autobahnen, in Tunnels, am Bahnhof, auf Quartierstrassen und im Gartenbau: Der Mauderli AG dürften viele unbewusst schon begegnet sein. Zwar sind ihre Produkte unscheinbar und oftmals unterirdisch – aber alltäglich sind sie nicht, findet die Jury der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ. Sie hat die Mauderli AG für ihre vorgefertigten Bauteile im Tunnel- und Infrastrukturbau mit dem diesjährigen Innovationspreis ausgezeichnet. Das Familienunternehmen aus dem luzernischen Schachen hat sich gegen 18 Kandidierende durchgesetzt.
Mitinhaber Christoph Mauderli geht mit hastigen Schritten durch die Produktion und spricht in Superlativen, als er auf die lieferbereiten Bauelemente aus grauem Spezialbaustoff zeigt: Entwässerungsschächte für den österreichisch-italienischen Brenner-Basistunnel («der grösste Tunnel der Welt»), Entwässerungsrinnen für den Flughafen Zürich («die Ersten ihrer Art»), dazwischen Kunststoffrohre und Schachtabdeckungen aus einem Verbundwerkstoff. Die Lagerfläche platzt aus allen Nähten.
Mit dem Preisgeld in Höhe von 10’000 Franken plane er ein Fest für die Mitarbeitenden, sie hätten hart gearbeitet in der letzten Zeit, sagt Mauderli. Er führt das vor über 50 Jahren von seinem Vater gegründete Unternehmen gemeinsam mit seinem Bruder Philipp. Ursprünglich war die Mauderli AG in erster Linie ein Kunststoffwerk, erst 2018 startete die Entwicklung der nun preisgekrönten Bauteile. Inzwischen ist die Betonanlage zu klein, um sämtliche Aufträge zu stemmen.
Nicht alles Beton, was grau ist
Wobei, Beton ist eine unpräzise Bezeichnung. Ultra-Hochleistungs-Faserverbundbaustoff oder UHFB heisst das Steckenpferd der Brüder, eine Art Beton mit stahlähnlichen Eigenschaften. Und es verhält sich weniger sperrig, als es klingt: Platzsparender als gewöhnlicher Beton und dadurch um ein Vielfaches leichter ist der Spezialbaustoff, wie Mauderli erklärt. Während ein Beton-Kabelschacht rund 7,8 Tonnen auf die Waage bringt, ist ihr UHFB-Pendant noch etwa 1300 Kilogramm schwer und viermal dünner.
UHFB ist abriebfest und resistent gegen Chemikalien und Meerwasser, zudem lässt es sich in Form von Betongranulat wiederverwerten – anders als der harzige, sandige Polymerbeton, der oftmals zu vergleichbaren Zwecken eingesetzt wird. Was die Mauderli AG auszeichnet, ist aber nicht der Baustoff an sich, sondern dessen Anwendung: In Zusammenarbeit mit der EPFL Lausanne und dem Zuger Baustoffkonzern Holcim haben sie das vor rund 50 Jahren erfundene Material so weiterentwickelt, dass es sich für vorfabrizierte Bauteile verwenden lässt. Zuvor kam es zum Beispiel zur Abdichtung von Brücken zum Einsatz.
In wenigen Jahren «von 0 auf 1000»
«ZeroUltraone» heisst die Adaption, hat eine flache Oberfläche und lässt sich laut Mauderli in jede Geometrie giessen. Für Elemente im Schweizer Tunnelbau sei der Baustoff inzwischen «state of the art», sagt er. Noch im Jahr der Entwicklung hat das Bundesamt für Strassen (Astra) die Bauteile aufgenommen in ihr Fachhandbuch – oder die «Bibel der Strasseninfrastruktur», wie es Mauderli nennt.
Kaum von offizieller Stelle anerkannt, folgte der erste grosse Auftrag: Die sogenannte Einhausung Schwamendingen, eine Überdachung der Autobahn von der Stadt Zürich in Richtung Flughafen («die damals grösste Infrastrukturbaustelle der Schweiz»). Das Kunststoffwerk hatte zu diesem Zeitpunkt weder eine Betonanlage noch Mitarbeitende, die sie hätten bedienen können. Innert vier Wochen stand die provisorische Produktion.
«Wir gingen von 0 auf 1000», sagt Christoph Mauderli. Zu Beginn des Projekts arbeiteten drei Personen in der neuen UHFB-Abteilung, heute sind es 27. Inklusive des Standorts in Österreich beschäftigt das Unternehmen rund 100 Menschen.
Produktion in Schachen wird erweitert
So kam es, dass der Familienbetrieb erstmals eine materialübergreifende Gesamtlösung liefern konnte: neben Kunststoffrohrsystemen auch etwa Kabel-und Abwasserschächte, Abdeckungen sowie Tunnelschlitzrinnen, Randsteine. Seit den pandemiebedingten Lieferengpässen im Jahr 2020 produzieren sie zudem ihre eigenen Schalungen, womit sie das Material formen. «UHFB hat uns zum Systemlieferanten gemacht», sagt Mauderli. Etwas, womit sich das Unternehmen von der Konkurrenz abhebe. Und die ist im Baustoff-Business nicht klein.
Die Produktpalette will er nun weiterhin verbreitern, «mit dem Vorsprung arbeiten», erklärt der Geschäftsführer. Aber zunächst wird die Firma ihre Produktion in Schachen erweitern: Neben der zweiten Betonmaschine soll eine neue Produktionshalle her. «Jetzt machen wir endlich mal etwas für uns», sagt Mauderli. Und danach führe der Weg «zu den grössten Baustellen Europas».
Anerkennungspreis geht an Obernauer Bächli AG
Die Zentralschweizer Industrie- und Handelskammer IHZ vergibt als Ergänzung zum Hauptpreis jeweils einen Anerkennungspreis. Dieser geht heuer an die Bächli AG. Das Obernauer Unternehmen stellt Transformatoren her, die «durch aussergewöhnliche Effizienz und geringe Geräuschentwicklung überzeugen», wie es in der Mitteilung des IHZ heisst. Die Bächli AG beschäftigt rund 30 Mitarbeitende und ist auf die Entwicklung von elektrotechnischen Bauteilen spezialisiert.
Die Schacher Mauderli AG gewinnt den IHZ-Innovationspreis. Mit ihren Bauteilen hat sie einen Weg gefunden, Infrastruktur langlebiger zu machen.